Samstag, 6. Juni 2009

Wind of change...

Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.

Wer weitere passende Sprichworte parat hat - immer her damit!

Meine Zeit ist tatsächlich um. In diesem Fall meine Zeit in der einzigartigen Hansestadt Hamburg. In alter Tradition lassen sich die vergangenen Monate wie folgt zusammenfassen: 252 aufregende, anstrengende, inspirierende, ermüdende, lustige, zeitweilig auch mal traurige, duftende, strahlende, stürmische, herausfordernde,... aber immer wertvolle Tage.

Sie endeten mit einem Knall. Genau genommen waren es mehrere. Wie Schüsse soll es geklungen haben. Sagen meine Nachbarn. Als nämlich pünktlich 1 Woche VOR meinem Umzug die Flut über meine Wohnung hereinbrach. Die "Schüsse" waren die Stromleitungen, die vom Wasser überrascht wurden. Sonntag, 16:30 Uhr, Eppendorf. Ich kam, in bester ZEN-Manier komplett entspannt, von der wundervollen Yogastunde (www.yy-yoga.de, sehr schön. Eppendorfer Landstraße 104), gerade noch im Baum, Kamel, Kaninchen oder sonstigen Tierhaltungen verweilt, da kam mir schon Steffi, meine zauberhafte Nachbarin, entgegen, rufend und winkend "Hasel, alles steht unter Wasser!" Bis zu diesem Moment hatte ich die vor der Einfahrt geparkten Feuerwehr-, Polizei- und THW-Fahrzeuge wohl irgendwie übersehen. Tja, so kanns gehen. Kurz noch mal den Baum gemacht - Ommmmm.... - und dann auf in den Kampf.




Es war nicht schön. Soviel lässt sich sagen. Alle Lampen meiner Wohnung fungierten als Mini-Springbrunnen. In gleichmäßigen Bächen lief das Wasser die Wände von Küche, Badezimmer und Schlafzimmer herab. Von der Decke bröckelte Putz, die Tapeten hingen in Streifen von den Wänden. Der Küchenboden stand gute fünf Zentimeter unter Wasser. Das Wasser lief und lief... Nach kleiner Auseinandersetzung mit der Polizei - "Wie, ich darf meine Wohnung nicht betreten?! Aber....aber...., aber ich MUSS doch meine Sachen retten. Ach Papperlapapp "Starkstrom", wir gehen ja nur ganz kurz rein!" - habe ich in absoluter Hektik alles gerettet was zu retten war und stand ein paar Minuten später mit Kissenbezug, Orangenpresse, Besenstiel, Nachtischlampe, Bademantel, Tischsets, Nudelsieb, Klappfahrrad, Sport-BH, Badvorleger, Wandkalender und Notenständer relativ hilflos im Innenhof.

Weg war sie, meine kleine Bleibe im englisch anmutenden Terassenhaus mitten in Eppendorf. Schön ist es dort gewesen:



Es war leider alles viel zu skurril um traurig zu sein. Ich hatte auch keinen Grund zur Traurigkeit, denn meine wundervolle Steffi lud mich spontan für die nächsten Nächte in ihre "Mädchen-WG" (Steffis Mitbewohnerin ist Jil, der fröhlichste Hund Hamburgs) ein. Steffi, 1000 Dank dafür. Ich weiß nicht, ob ich ohne Deine Hilfe meinen Humor behalten hätte.


Steffi und Jil
(das zweite Lied ist für Dich :-))

So blieb mir nichts anderes übrig, als mich mit einem Lächeln im Gartenstuhl auf Steffis Terasse gemütlich zurückzulehnen und dies als das fulminante Ende einer äußerst außergewöhnlichen Zeit anzuerkennen. Und Revue passieren zu lassen. Ich kam im vergangenen August mit vielen Ideen, wenig Erwartungen und vielleicht war ich sogar ein bisschen verloren im Strudel unserer Multioptionsgesellschaft. Für diese Person, für dieses "Ich" waren die letzten 9 Monate das Beste was passieren konnte.

Ohne aufgesetzt klingen zu wollen, kann ich mit Fug und Recht behaupten, dass es Lehrmonate, wenn schon nicht Lehrjahre waren. Sie haben mich gelehrt was ich kann und nicht kann oder nicht können muss. Was ich erreichen kann, wenn ich mich anstrenge und was mich anstrengt wenn es unerreichbar erscheint. Und dass es eben auch Dinge gibt, die nicht erreichenswert sind. War zugegebenermaßen nicht einfach dies anzuerkennen. Das größte Glück für mich liegt jedoch darin, dass ich durch all diese Erfahrungen zumindest eine Idee davon bekommen habe was ich WILL und NICHT WILL. Weißt Du ganz genau was Du willst? Weißt Du es wirklich immer? Im Gefühl vielleicht sehr genau, aber ausgesprochen? Formuliert? Benannt? Ich schätze, das wird immer schwierig bleiben.

Aus diesem Grund werde ich es an dieser Stelle auch gar nicht erst versuchen in Worte zu fassen. Ich habe einige passende Worte für mein Gefühl gefunden. Meine Worte. Diese bekommen einen neuen Platz, werden eine andere Geschichte. Dieses Kapitel endet hier. Mein Kapitel über die Metropolenmaus, die zur Alsterprinzessin wurde. Vielen Dank an alle, die dabei waren und mit mir geteilt haben. Was wäre eine Geschichte, wenn es niemanden gäbe, der sie hören wollte?!

In diesem Sinne...

Bitte umblättern :
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Ella

P.S.: Für alle, die sich die Zusammenfassung in Bildern nochmal in Ruhe anschauen möchten, einfach rechts auf die Diashow klicken, dann öffnet sich das gesamte Fotoalbum.

Dienstag, 7. April 2009

Zwiespältig

Was mich in Hamburg schon von Beginn an erstaunt hat ist eine Kleinigkeit, die ich oft auf dem Weg zur Arbeit beobachte...

Ich dachte, in Hamburg, ja da sitzen die großen Verlagshäuser. Da streiten sich G&J mit Bauer oder dem Spiegelverlag um die bestmögliche Qualität ihrer Bücher. Anscheinend bewerte ich die bestmögliche Qualität etwas anders als die Chefetage der Papierriesen. Denn ich habe in Hamburg keine Tageszeitung gefunden, die ich wirklich gerne mag. Ich hatte auf eine Zeitung gehofft, die alles kann. Ich möchte doch informiert, angeregt, unterhalten und manchmal habe ich für all das nur wenige Minuten Zeit. In den kurzen Minuten möchte ich mich nicht noch über die schlechte Zeitung ärgern. Also, nichts gefunden. Das Verwunderliche daran ist: Die Hamburger selber haben das auch nicht. Natürlich gibt es die Bild Hamburg und die Hamburger Morgenpost, die mit reichlich Auflagen- und Leserzahlen glänzen, aber danach wird es dünner im Blätterwald. Und über die Qualität besagter Marktführer lässt sich sicherlich auch streiten. Richtig unentschlossen ist das Hamburger Abendblatt. Als Erstleser möchte man, dass es eine richtig gute Zeitung ist. Sie hat einen klangvollen Namen, schöne alte Lettern auf dem Titel und eine ansehnliche Geschichte. Aber man spürt auch Springer dahinter und kommt unwillkürlich zum Vergleich mit der Berliner Morgenpost, die auch viel will und wenig kann. Es war eine herbe Enttäuschung.

Jeden Morgen in der U-Bahn begegnen mir ähnlich zwiegespaltene Personen wie ich es in diesem Fall eine bin. Und was tun sie nun?

Ganz einfach, sie kaufen zwei Tageszeitungen. Die Süddeutsche, oder noch häufiger die FAZ, und das Abendblatt. Während der München-Teil der geliebten Bayern-Revue meist achtlos auf dem Sitz liegen bleibt, wird aus dem Abendblatt nur der Teil hervorgezogen, der etwas kann: der Lokalteil. Der Teil, der sagt, wie Pauli gespielt hat, welches Festival demnächst am Jungfernstieg stattfindet, welches Restaurant im Portugiesenviertel zu empfehlen ist und welche Busumleitung erneut zu Rentnerempörung geführt hat. Bevor man sich also Leitartikeln, Theaterkritiken und Wirtschaftsdramen widmet, gönnt man sich einen kurzen Ausflug in die eigene Nachbarschaft. Meist mit einem Schmunzeln. Das Leben ist schwer genug.

Merkwürdig, die Hamburger. Zumindest gibt es ja noch "DIE ZEIT"!

Schöne Woche.
Ella

Sonntag, 15. März 2009

Mami, wie riecht der Sommer?

Es ist tatsächlich vorbei. Wie die Zeit verging! Es waren nur ein paar Monate und schon ist es wieder vorbei. Jetzt ist es Zeit Abschied zu nehmen und mit den letzten Wochen abzuschließen. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Es war eine schöne Zeit, manchmal besinnlich, manchmal laut, manchmal sonnig aber immer, wirklich immer, kalt. Auf Wiedersehen…

AUF WIEDERSEHEN WINTER!

Heute war der Moment, einer dieser Momente die man regelrecht spürt und nicht später sagen muss „Ich weiß nicht mehr genau wann es war“. Heute war er plötzlich da. Dieser Moment an dem es nicht mehr zu übersehen ist, dass der Frühling über die Stadt fällt und den Sommer mitbringt. Die Luft riecht plötzlich anders und die Stadt macht wieder Geräusche, erwacht aus ihrem melancholischen Schlaf. Manchmal vergisst man, wie sich der Sommer anfühlt. Auch mir ging es so. Heute aber, auf dem Weg zum Bahnhof Kellinghusenstraße, musste ich erst Handschuhe ausziehen, Mütze und Schal absetzen und schließlich den Mantel aufmachen. In der Abenddämmerung war es regelrecht warm (10 °C!). Und zum ersten Mal, nach langen kalten dunklen Wochen, ließ die Stadt einen Hauch jenes Gefühls erahnen, welches sie in lauen Sommerabenden versprüht. Ein unbeschreibliches Lebensgefühl, welches irgendwo zwischen warmem Wind, Besuch von Möwen auf meiner Terasse in Eppendorf, Füßen im Sand an der Elbe, großen Gläsern mit Radler („Alster“ sorgt hier doch regelmäßig für Verwirrung) an langen, vollbesetzten Biergartentischen, ebenso großen Sonnebrillen, fröhlicher Jazzmusik, dem Geruch frisch gewürzten und zart angebratenem Filet und anderen Köstlichkeiten wiederfinden lässt…

Ja, und kalt, das ist er gewesen, der liebe Herr Winter. Mir alter Schneekönigin kann es um die Weihnachtszeit ja bekanntermaßen gar nicht weiß genug sein. Von dieser Idee wurde ich von den Einheimischen jedoch schnell abgebracht. „In Hamburg ist der Winter grässlich. Es regnet die ganze Zeit und ist grau. Die Sonne scheint ein paar Monate nicht und die Straßen stehen ständig unter Wasser. Schnee gibt es hier nie! Es ist einfach nur eine matschige Sauerei.“

Oh weh, das hatte sich nach harten Zeiten angehört. Und reines Zuckerschlecken war es tatsächlich nicht. Das mit der Abwesenheit der Sonne war nicht übertrieben. Und der Wind… Der letzten Tag, an dem ich auch nur den Schatten einer Frisur auf dem Kopf hatte, ist inzwischen in den Archiven des vergangenen Septembers abgeheftet; der ständige Sprühregen und die hohe Luftfeuchtigkeit erstickt jeden noch so mutigen Versuch bereits im Keim. Echte Hanseaten müssen eine andere Haarstruktur haben, als wir Zonenkinder, wenn ich mich da jetzt mal rein geographisch bitte kurz mitzählen darf! Hier sitzt auf jedem Kopf jede kunstvoll gefärbt und geföhnte Strähne und das auch den lieben langen Tag. Ja, heiliger Bimbam, da kann ich nicht mithalten. Aber das ist ein anderes Thema.

Zurück zum Winter. Mein lieber, lieber Freund, der Winter. Ob es nun allein an meiner Anwesenheit gelegen hat – ich halte es nicht für unwahrscheinlich – oder ob der Klimawandel inzwischen einfach in die High Society der Norderelbler Einzug gehalten hat, sei dahingestellt. Fakt ist, dass es im vergangenen Winter in Hamburg tausende und abertausende Flocken geschneit hat! Es wollte gar nicht mehr aufhören. November,Dezember, Januar und sogar Februar. Und zwar auch immer so viel, dass zahlreiche Yeti-Referenzen zu hören waren. „Hamburch-Yeti“ würde Aal-Kai sicherlich sagen. Herrlich! Jeder Morgen, an dem ich aus meinem schönen Terassenhaus-Fenster in den Garten blickte und sah, dass alles weiß leuchtete, war gleich ein guter Morgen. Die oft nassen Füße, dreckigen Stiefel, eisigen Finger und Schnupfentage nahm ich dafür allemal gerne in Kauf.

Und aus diesem Grund werden an dieser Stelle keine weiteren Lobgesänge auf die Vorzüge des allseits beliebten Sommers angestimmt sondern gebührender Tribut gezollt an die Jahreszeit die es, wenn richtig ausgeführt, unter die Top 4 meiner Lieblingsjahreszeiten schafft – Winter adé!



(hier ist ein Moment der Stille einzufügen)


So, ein paar letzte Bilder und dann ist Schluss. Bis zum nächsten Mal. Ich freue mich schon.

Hamburg-Yeti Ella

Freitag, 13. März 2009

Gerade im Zug...

Links vor mir auf Platz 108 sitzt ein älterer Herr mit weißem Haar, einer schönen grau-grün karierten Schiebermütze, grauem Wolltroyer und der guten schwarzen Herrentasche im Schoß. Seine Hände sind faltig und gebräunt, er lächelt seinen sicher 40 Jahre jüngeren Sitznachbarn höflich an, als er diesen versehentlich mit dem Ellbogen anstößt. Die Ansage vom freundlichen Bahnmitarbeiter „… Aufgrund der Bauarbeiten auf der Strecke Hamburg-Berlin verlängert sich die Fahrtzeit. Wir bieten Ihnen als Service unsererseits daher einen Snack und ein Erfrischungsgetränk…“. Daraufhin sagt Opi mit voller Anerkennung: „Ach, die Reichsbahn lässt sich aber nicht lumpen. Sieh mal an!“ Sensationell, die gute Reichsbahn… :-)

Der junge Sitznachbar hilft ihm dann auch freundlich den Strohhalm in das von der Deutschen (Reichs-)Bahn gestiftete Trinkpäckchen zu stecken. Prost.

Schöne Szene.

Dienstag, 10. März 2009

Im Land in dem sich die Klospülung andersherum dreht...

Ich war in Australien!

Nur kurz, zugegebenermaßen. Und von der Mönckebergstraße, dem Jungfernstieg, Planten und Blomen und der Alster nur eine kurze Strecke entfernt. Aber nicht weniger lustig, als nach 18 Stunden Flug und umsteigen in Singapore.

An einer der meist befahrenen Straßenkreuzungen Hamburgs, gleich am Unigelände, liegt im Souterrain des Eckhauses das "Down Under" (down-under-hamburg.de). Es sieht fürchterlich schrabbelig aus und die Ecke an sich ist auch so ungemütlich, dass man jedes Mal das Gefühl hat, es fängt gleich an zu regnen, selbst an einem sonnigen Augusttag. Nun ja, es war März und es nieselte tatsächlich, aber meine wohlgelaunte Gesellschaft, bestehend aus einem quietschfidelen Stimmwunder und einem keinesfalls übellaunigen Feuergeist (nein, an dieser Stelle folgt keine Erklärung. Man kann auch manche Dinge einfach mal so stehen lassen. Und nein, ich war auch nicht im Märchenwald!) ließen sich davon keinesfalls abhalten.

Durch die schmalen Fenster direkt über dem Bürgersteig ließ sich nichts im Inneren der "Spelunke" erkennen. 1, 2, 3 Treppen nach unten und hinein in die gute Stube. Herrlich habe ich gelacht. Die Deko von aussen (Blumengirlanden und ein Plastikkrokodil) ließ einiges erahnen, aber drinnen war es nicht nur sehr gemütlich, es war auch alles vorhanden, was der Deutsche möglichst stark mit Australien in Verbindung bringt: Rugby auf Flachbildschirmen, Flaggen und maps an den Wänden, gelbe Koala-crossing-Schilder und das Allerschönste - wirklich das Aller-, Allerschönste - eine mannshohe Wandmalerei, in der die Geburt der Venus von Botticelli nachgeahmt war, nur war die Venus NATÜRLICH ein...

JAAAAAAAAAAAAAAA..., ein Känguru!!!

Wundervoll. Wir hatten sofort gute Laune. Die Karte war ebenso un-australisch. Es gab Kanga-Burger - nicht für mich, muss ich hinzufügen - und herrlich seichtes Bier, mit dem überaus ausländisch klingenden Namen "Hahn".

Das besondere an "Hahn" war allerdings nicht das Bier selber, sondern die Hand, die es reichte. An dieser Stelle werde ich unsere zauberhafte australische Kellnerin aus Klischeegründen "Sheila" nennen. Sheila war nicht viel älter als wir, und wenn doch, dann durch wundersame Art und Weise nicht körperlich gealtert. Kleine rote Kringellöckchen und ein unverschämt freundliches Lachen später: "Kann ich Sie etwas bringen?" in dem schönsten Australo-Akzent. Nachdem wir bestellt hatten, was nicht so einfach war, die Überwindung mehrerer Sprachbarrieren beinhaltete und mit einem "Ist das alles für jetzt?" endete, kam sie mit betretenem Gesichtsausdruck zurück und sagte, dass sie das Bier nicht hätten obwohl es auf der Karte steht. Wir, da schon ins Englische verfallen, fragten der Logik folgend, nach Alternativen.
Sheila nannte ein paar Biersorten, die uns selbstverständlich allen nichts sagten, uns aber dennoch animierten wissentlich mit dem Kopf zu nicken. "And we have Hahn!" beendete sie ihre Ausführungen. Auch hier wusste wieder keiner so recht, was wir damit anfangen sollten. "Is it any good?" fragte ich mehr scherzhaft. Woraufhin sie sofort loslief, "I wouldn't know, I usually don't dring beer, but let me go check" hauchte und hinter der Bar verschwand. Verdutzt schauten wir uns an. War sie tatsächlich gerade losgelaufen um zu fragen, ob das Bier, was hier verkauft wurde auch tatsächlich annehmbar ist, oder nur eine fade Plörre, die sowieso niemand trinken will?!

Jap, das war sie wirklich und sie kam strahlend mit der ehrlichen Antwort zurück "It's supposed to be a very fine beer!"

Allein dafür würde ich jederzeit wieder kommen, in das tatsächlich wenig authentische aber sich auch nicht allzu ernst nehmende Aussi-Eck am Grindelhof. Und das "Hahn" war wirklich vor-züg-lich!



Cheers, Mate!

Mittwoch, 18. Februar 2009

Der Mann am roten Piano

Ein halbes Jahr Hamburg, ein halbes Jahr ein neues Leben.

Tausend Dank an alle, die geholfen haben. Mit Rat oder Tat, als es kippelig wurde. Aber vor allem auch an die Ermutiger, die meine Entscheidung etwas Neues zu probieren mit klugen Worten unterstützt haben.

Um mit den Worten des großen Elton John zu sprechen:

I'm still standing (Klick!)

and to all a good night.

Ella, die Große.

Samstag, 7. Februar 2009

The disillusionment of Püppchen V.

Der rote Teppich ist gelegt. Fotografen in Position. Security an jeder Treppe. Gästelistencounter A – H, I – P, Q – Z, 31 freundlich lächelnde Hostessen, … 3…2…1…
Tür auf , Scheinwerfer an – Prominente rein!


Es war ein rauschendes Fest. Sagt man. Die Zeitungen sind voll davon. Sie berichten von Tanz, Trunk, Flirt und feiern. Wer hat was, mit wem, und vielleicht auch allein, gekonnt abgelenkt durch, gekleidet in? Fragen über Fragen. Alles in zahllosen Fotos festgehalten.


Für mich war es eine lange Freitagnacht. Ich habe einen beigen Hosenanzug von Mexx getragen. Das wäre meine Bildunterschrift. Aber um mich soll es heute gar nicht gehen. Und auch nicht um die kleinen und großen Partyskandälchen im Ballsaal.


Unten, gleich an der eleganten Marmortreppe, gab es ein viel spannenderes, trauriges, kleines Ereignis zu beobachten. Es ist mir wohl auch nur aufgefallen, weil bei solchen Veranstaltungen eigentlich kein Platz für sensible kleine Erkenntnisse ist. Ich muss dafür ein bisschen ausholen…


Jeder kennt sie, die etwas über Durchschnitt hübschen Partypüppchen, die für ihr Leben gern zu den Großen gehören wollen. Hagere, Größe 34er, deren Talent oder Aussehen nicht für die eigene Karriere reicht. Sie atmen alles ein, was nach Glamour oder auch nur nach erhöhter Aufmerksamkeit riecht. Sie lernen auswendig wie das Prominentenkarussel sich dreht, wer Einfluss hat, an wen man sich halten muss. Und das tun sie. Sie halten sich. Den Besten unter ihnen gelingt kurzzeitig der Einstieg - sie landen auf einem Foto, auf einer Gästeliste. Manche heiraten sogar Dieter Bohlen oder werden Heidekönigin. Aber je mehr man die Gelegenheit hat diese gespenstischen Mädchen zu beobachten , desto mehr erkennt man, dass das zwar alles ganz leicht und spielerisch aussieht – es wird ständig gelacht, gefeiert, getrunken, gelästert, geküsst - das Pflaster in der trüben Realität aber sehr hart sein muss. Es herrscht Krieg unter den nicht prominenten Sternchen. Und den zartgliedrigen Gestalten ist manchmal gar nicht zuzutrauen mit welch harten Bandagen gekämpft wird. Der Kommentar meiner Kollegen und mir „ach, das sind doch auch immer die gleichen“ muss hier fast als Kompliment gewertet werden, denn es bedeutet ja, dass die Halbwertszeit für Dame XY noch nicht um ist.

Als ich gestern, noch vor Beginn der Veranstaltung, zum Hostessenbriefing in Raum „Bellevue“ gehuscht bin, fiel mir ein Mädchen auf, dessen Gesicht mir seltsam bekannt vor kam. Später, während der Abend schon in vollem Gange und die ersten 600 Gäste schon da waren, wurde sie mir zugeteilt (ich nenne sie an dieser Stelle „V.“) und sie stellte sich, beinahe etwas verschüchtert wirkend, an meine Seite an der großen Treppe. Ich erklärte ihr im Trubel nebenbei noch schnell ein, zwei Dinge während sie mich mit ihrem heillos überpuderten Gesicht aus großen Augen anschaute – offenbar merkwürdig dankbar für meine Freundlichkeit. Kurz danach taute sie auf und begann fröhlich drauflos zu plappern. Da ich ein höflicher Mensch bin (ja, hier ist ein kurzer Moment der Selbstreflexion angebracht), antwortete ich geduldig auf ihre Fragen. Woher ich denn komme, was ich studiert habe, wie ich zu diesem tollen Job gekommen bin, ob es nicht Spaß macht immer auf so großen Events zu sein. Sie war nicht tatsächlich dumm, das nicht. Sie war auch nicht wirklich naiv. Sie war nur aufrichtig wissbegierig. Nach ein paar Minuten dämmerte mir woher ich ihr Gesicht zu kennen glaubte. Sie war eine der Püppchen! Sie war ein nicht prominentes Prominentenpüppchen, was versehentlich in einen Hosenanzug gesteckt und, eine dienstleistende Tätigkeit ausführend, an meine Seite gestellt worden war. Zumindest war sie einst ein Püppchen gewesen. Vor Jahren schon muss ich Sie gekannt haben. 90 Grad oder so. Gemeinsame Bekannte hatten wir damals auf jeden Fall. Merkwürdigerweise machte es sie mir ein wenig sympathisch, dass sie sich nicht zu "fein" war hier zu arbeiten anstatt zu feiern.


Noch bevor ich weiter nachdenken konnte, betrat ein weiterer durchschnittlich bekannter (eher durch den Namen der schauspielenden Mutter) und überdurchschnittlich unsympathischer Berliner Filmproduzent die Szenerie. Im Schlepptau eine ganze Possy. Unter ihnen – man ahnt es vielleicht – zwei Püppchen. Das wäre jetzt vielleicht alles völlig unspektakulär gewesen, wenn ich die beiden Damen nicht ebenfalls aus früheren Ausflügen ins Nachtleben kennen würde. Man war auch einige Zeit gemeinsam in den üblichen Clubs gewesen, hatte sich innigst geherzt und geküsst zur Begrüßung und im weitläufigeren Sinne als Freunde bezeichnet. Wer mich kennt, weiß, dass diese Phase nicht sehr lang anhielt und ich inzwischen – ohne großes Bedauern – „raus“ bin, also definitiv nicht mehr auf dem Püppchenradar. Schnösel und Anhang stapften nun zielstrebig auf mich zu. Nope. „Dürfte ich Sie bitten, sich an den nach Nachnamen unterteilten Countern zu akkreditieren? Dort erhalten Sie Ihr Gästebändchen, welches zum Eintritt befugt.“ Sechs Augenpaare starrten mich entgeistert an – eins davon gehörte V. Kinder, zwischen Band und Einlass ist eine gewisse Kausalität gegeben, ihr kennt doch alle das Spiel, nun tut doch nicht so. Ah ja, also nicht so helle, der Herr Filmproduzent. Es wurde gemosert und geschimpft (Wie jetzte? Wir ste-hen a-ber auf der Gäs-te-lis-teee!!! Haaaalllloooo?!?!?!), dann aber schmollend der rechte Weg eingeschlagen. Und dann wurde es irgendwie ein klein wenig traurig.
Wie sich herausstellte kannte V. die Püppchen nicht nur, sie waren sogar ihre angeblichen Freundinnen. V.:„Die linke war 7 Jahre meine beste Freundin.“ Heiliger Bimbam, nicht mal beachtet hatte sie meine Bleichgesicht-Hostess. Das war staker Tobak. "Na ja..." sagte sie leise und zuckte mit den knochigen Schultern. Und wenn ich mich nicht täusche schaute sie ein wenig aufrichtig traurig aus ihrem nicht sitzenden Hosenanzug. V. erzählte ein wenig, dass sie Journalisms studiere und ihr erstes Interview letztens mit (OBACHT:) Marc Terenzi hatte, und überhaaaaaupt nicht prominetengeil sei, wie ihr immer unterstellt würde. Das Merkwürdige war, dass sie auch wirklich nicht so auftrat, als müsse sie sich profilieren. Sie war ein bisschen – um in der Püppchensymbolik zu bleiben – der gefallene Barbie-Engel. Warum auch immer, jedenfalls gehörte sie nicht mehr zur sogenannte „In-crowd“, zum inneren Kreis. Sie machte nicht den Eindruck, dass sie das so schlimm fände. Das Problem daran, dass sich in ihrem insgesamt schrecklich unsicheren Auftreten äußerte, schien zumindest mir jedoch ziemlich offensichtlich zu sein. Jetzt wo sie nicht mehr dazugehörte, wusste sie offenbar gar nicht mehr, wo sie hingehörte, was sie eigentlich wollte. Studium? Arbeiten? Freunde? Feiern? Vielleicht hatte der schmale Grat zwischen Normalo und VIP ihr zumindest immer die Sicherheit gegeben, sich irgendetwas zugehörig zu fühlen. Nun irgendwie wirkte sie etwas verloren. Sie tat mir leid. Es ist einfach diese Hühner als oberflächlich und dumm abzustempeln, wenn sie sich daneben benehmen und mit so hoch gerümpften Nasen herumlaufen, dass sie Regenwasser drin sammeln könnten. Aber wahrscheinlich sind sie fast alle ziemlich unglücklich und vielleicht einsam. Voller Selbstzweifel definitiv. V. klagte mir ihr Leid, als sie gestand, dass sie sich für diesen Hostessenjob (wohl ihr erster, wie ich vermute) extra einen neuen Hosenanzug kaufen musste, da sie so zugenommen hatte und jetzt offiziell eine 36 sei. Äh, ja. Ist klar. Das sagt doch jedenfalls auch einiges.


Es war nicht meine Aufgabe ihr zu sagen, dass sie sicherlich ganz toll ist, und sie froh sein sollte, nicht auf der anderen Seite der roten Kordel zu stehen. Ich war nicht zum Weltretten da. Ich habe mit ihr gearbeitet und das war gut. Ich habe mich mit ihr unterhalten und es war unterhaltsam. Ich habe nicht vor ein Hilfsprojekt für durchschnittlich durchschnittliche Püppchenaussteigerinnen zu gründen. Aber für diesen kleinen Moment hat es mich aus dem konstant surrenden, brummenden Ton, den solche Veranstaltungen grundsätzlich tragen, herausgeweckt, als die Traurigkeit durch ihre Augen huschte. Gleich danach ist jedoch sicherlich wieder eine fabelhaft kuriose, lustige, laute Geschichte passiert, die an anderer Stelle erzählt werden will. In diesem Sinne.

Gute Nacht
Gute Nacht, V.

Ella